Wieder ist es Macron, der die nötige Initiative ergreift

Veröffentlicht am 5. März 2019

Europa muss den technologischen Wandel aktiv gestalten

Nach seinen vielfachen Aufrufen zu mehr europäischer Zusammenarbeit, die seitens der Bundesregierung stets sehr zurückhaltend kommentiert oder ignoriert wurden, macht Macron heute – gut zwei Monate vor der Europawahl – Ernst, weil die Lage ernst ist, „weil dringend gehandelt werden muss“. Und sein dringender Appell an die „Bürgerinnen und Bürger Europas“ ist nicht bloß ein Aufruf, „die Versöhnung eines zerstörten Kontinents durch ein einzigartiges Projekt für Frieden, Wohlstand und Freiheit“jeden Tag wieder neu mit Leben zu erfüllen. Nein, Macron verlässt die Sonntagsrede und macht ganz konkrete Vorschläge um unsere Freiheit zu verteidigen, unseren Kontinent zu schützen und zum Geist des Fortschritts zurückzukehren.

Macron plädiert für europäische Digital- und KI-Strategie

Macron liefert im Klartext, was bei der Bundesregierung trotz Digital- und KI-Strategie bisher fehlte: Ein europäischer Ansatz, auch und gerade im digitalen Raum, in dem das Modell Europa mit seinem freiheitlichen Rechtsstaat und sozialer Marktwirtschaft zunehmend unter Druck gerät. Konkret schlägt er

„die Gründung einer europäischen Agentur für den Schutz der Demokratie vor, die in jeden Mitgliedstaat europäische Experten entsenden wird, um seine Wahlen vor Hackerangriffen und Manipulationen zu schützen. Im Sinne dieser Unabhängigkeit sollten wir auch die Finanzierung europäischer politischer Parteien durch fremde Mächte verbieten. Wir müssen durch EU-weite Regelungen Hass- und Gewaltkommentare aus dem Internet verbannen, denn die Achtung des Einzelnen ist die Grundlage unserer Kultur der Würde.“

Eine europäische Agentur – was für ein Kontrast zur Bundesregierung, die sich auf meine Anfrage zur der versuchten Manipulation der bayerischen Landtagswahl aus dem Ausland (!) für nicht zuständig erklärte. Wir sollten hier schnell und deutlich die ausgestreckte Hand ergreifen und die doch gerade in Unionsreihen so oft geforderte Führungsrolle Deutschlands im Tandem mit Frankreich annehmen.

Und ganz in Übereinstimmung mit der grünen Wirtschafts- und Europapolitik fordert der französische Präsident angesichts der zunehmend aggressiveren Politik von Trump und Xi eine mutige politische Gestaltung unser Wirtschafts-, Handels-, Industrie- und Wettbewerbspolitik gemäß unseren europäischen Wertevorstellungen. So will Macron

„in Europa Unternehmen bestrafen, die unsere strategischen Interessen und unsere wesentlichen Werte untergraben, wie Umweltstandards, Datenschutz und eine Entrichtung von Steuern in angemessener Höhe.“

Plädoyer für eine politische Gestaltung des technologischen Wandels

Und wie wir es in unseren Anträgen und Positionierungen fordern, verknüpft er dieses Gebot der politischen Gestaltung des technologischen Wandels mit der sozialen und der ökologischen Frage, statt – wie die Bundesregierung – diese gleichzeitigen und miteinander verbundenen Entwicklungsaufgaben quasi getrennt voneinander beantworten zu wollen.

Die Forderung nach einer sozialen Grundsicherung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, findet sich in Macrons Vorschlag ebenso wie der Anspruch, dass sich Europa an die Spitze des Kampfes für eine saubere Umwelt stellen muss und dass Europa den großen digitalen Plattformen klarer Paroli bieten muss, durch schnellere Strafen bei Verstößen gegen Wettbewerbsregeln und durch Transparenzanforderungen bei algorithmischen Entscheidungssystemen zum Beispiel.

Und neben solchen ordnungspolitischen Maßnahmen setzt er, wie auch wir grünen Wirtschafts- und Digitalpolitikerinnen und -politiker es stets betonen, auf EU-Innovationen,

„indem es den neuen Europäischen Innovationsrat mit einem Budget ausstattet, das mit dem in den USA vergleichbar ist, um sich an die Spitze der neuen technologischen Umwälzungen wie der Künstlichen Intelligenz zu stellen“.

Dass wir Künstliche Intelligenz europäisch und nicht national denken müssen und dass es eine ganz klare europäisch ausgerichtete deutsche KI-Strategie braucht, das haben wir bereits mehrfach eingefordert.

Und wie ich auch in Zusammenhang mit meinen Afrika-Reisen in den letzten Monaten nochmals herausgestellt habe, betont auch Macron  ausdrücklich, dass sich dieses neue Europa Afrika zuwenden muss, mit Afrika „einen Pakt für die Zukunft schmieden“ muss.

Natürlich wird auch der eine oder andere Punkt aus den Vorschlägen des französischen Präsidenten kritisch zu diskutieren sein. Aber ich sage: Bravo Emmanuel Macron! Chapeau – das ist das Europa, für das ich mich im Bundestag wie in Bayern einsetze! Diesem Europa müssen wir bei der Europawahl eine starke Stimme geben.