Wir wollen Handel, nicht Hilfe!

Veröffentlicht am 27. Februar 2019

Botswana und Angola auf dem Weg in die Zukunft

Hoffnung, Aufbruch, wirtschaftliche Dynamik – in vielen Ländern Afrikas bewegt sich derzeit einiges, sei es im Hinblick auf Gleichberechtigung oder auf die unglaublichen Potenziale bei der Energiewende. Zum Jahreswechsel führte mich eine Reise nach Südafrika (darüber habe ich HIER schon etwas geschrieben), im Februar war ich mit einer Delegation des Wirtschaftsausschusses in Angola und Botswana. Diese Reisen werden mir noch lange in Erinnerung bleiben und sind Ansporn für eine strategische Zusammenarbeit.

Botswana – Zukunftsvisionen und Rückschritte

Botswana ist unter den afrikanischen Ländern ein Vorzeigeland für erfolgreiche Demokratie. Die Staatsform ist eine Republik, in der die Präsidenten bis zu zehn Jahre amtieren. Inzwischen steht das Land wirtschaftlich solide da. Das bietet Raum für Zukunftsvisionen: Botswana zählt mit 3200 Sonnenstunden zu den sonnenreichsten Ländern dieser Erde. Noch basiert die Energieversorgung Botswanas zu 90 Prozent auf Steinkohle. Nun denkt die Regierung erstmals ernsthaft darüber nach, mit solaren Großkraftwerken und dezentraler Photovoltaik umzusteuern. Die Stromgestehungskosten für eine KW/h PV-Strom wird Anfang der 20er Jahre bereits bei 1-2 Cent liegen, unschlagbar! Botwana könnte nicht nur vorbildlich in Sachen Demokratie, sondern auch im Hinblick auf eine nachhaltige Energiewende werden.

In den Gesprächen mit Ministerien, Parlamentariern und dem staatlichen Energieversorger habe ich immer wieder auf die gewaltigen Potentiale einer Energiewende für Botswana hingewiesen.

Das Land gilt in Sachen Governance ohnehin als ein Positivbeispiel an Entwicklung in Afrika. Zwar ist die Haupteinnahmequelle des erst seit 1966 unabhängigen Botswanas weiterhin der Abbau von Diamanten, aber das Land hat sich im Gegensatz zu vielen anderen afrikanischen Staaten frühzeitig den vollen Zugriff auf die eigenen Ressourcen gesichert, sich um Weiterverarbeitung und massive Investitionen in Bildung und Infrastruktur gekümmert. Es gibt wohl keine effektivere Hilfe für Entwicklung als den Transfer von Know-How bei Ausbildung und Weiterbildung.

Auch bayerische Unternehmer wie Karl Häusgen von HAWE Hydraulik haben angepackt, um ein von der GIZ gefördertes Ausbildungszentrum in der Hauptstadt Gaborone zu fördern. Wir brauchen mehr von solchen Initiativen, die Vorbildcharakter für andere Länder haben können.

Übrigens: 40 Prozent der weltweiten Elefantenpopulation und 30 Prozent der Leoparden leben in Botswana. Der Tourismusansatz ist größtenteils nachhaltig, statt auf Massentourismus setzt das Land auf Qualität und hat zahlreiche Schutzgebiete eingerichtet. Das Okavango-Delta im Norden des Landes und die Kalahari-Halbwüste sind nur zwei bekannte Gebiete davon. Dass das jedoch fragil ist, zeigte die aktuelle Entscheidung der Regierung, das Jagdverbot an Elefanten zu überprüfen. Seit 2014 war es in Botswana verboten, Elefanten und andere gefährdete Tiere zu jagen. Jetzt soll es zur „Bestandskontrolle“ aufgehoben werden. Bauern beschweren sich über Schäden durch die Elefanten. Gleichzeitig warnen NGOs davor, das Jagdverbot zu kippen, da die Population auch in Botswana rückläufig sei. Deutschland und die EU erlauben derzeit übrigens weiter den Handel mit Elfenbein, das vor dem Jahr 1990 erworben wurde – wie diese Nachweise bezüglich des Datums erbracht werden ist fraglich. Damit stehen auch wir in der Verantwortung.

Angola – Umweltschutz und alternative Energien auf den Weg bringen

Angola hat eine blutige Vergangenheit hinter sich. Bis 1975 stand das Land unter unter portugiesischer Fremdherrschaft, dann folgten 27 Jahre grausamer Bürgerkrieg. Doch ist es heute ein Land voller Hoffnung.

Mit dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie besuchten wir drei Tage dieses wunderschöne Land, das mit dem neuen Präsidenten João Lourenço ernsthafte demokratische Reformen eingeleitet hat und den Kampf gegen die Korruption aufnimmt.

Angola ist der zweitgrößte Erdölexporteur Afrikas, bis zu 95 Prozent (!) seines Staatshaushalts stammen aus Einnahmen aus dem Ölgeschäft. Bis vor wenigen Jahren musste sich die 8-Millionen-Metropole Luanda noch mit Diesel-Generatoren versorgen, ständige Stromausfälle waren an der Tagesordnung, doch die Lösung für eine nachhaltige Energieversorgung Angolas liegt auf der Hand: Wasserkraft und Photovoltaik.

Angola ist gesegnet mit zahlreichen Flussläufen. Das Wasserkraftwerk Cambambe am Fluss Kwansa, das mit deutscher Ingenieurstechnik zeitnah eine Kapazität von 960 MW Leistung bereitstellt, ist eines von vielen visionären Projekten. Allein für den Kwansa mit 950 km Länge sind Wasserkraftkapazitäten von insgesamt 7 GW geplant. Damit kann Angola bis 2025 mehr als zwei Drittel seines Strombedarfs decken. Über 50 Prozent der Bevölkerung (29 Mio.) leben heute noch ohne jeglichen Zugang zu verlässlichem Strom.

Photovoltaik sowie kleine Wasserkraft bieten hervorragende Chancen auch in entlegenen Regionen wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben – und das ohne Kohle, Gas oder Erdöl!

Deutschland kann ein hervorragender Partner sein, um technisches Know-How weiterzugeben und wirtschaftliche Zusammenarbeit in Richtung Umweltschutzgüter und Erneuerbarer Energien voranzutreiben.

Es wäre wünschenswert, dass die Bundesregierung deutlich strategischer Projekte zur Förderung der Erneuerbaren Energien in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit vorantreibt.

Noch eine Notiz zum Schluss, die ich sehr eindrücklich fand. Frauen sind oftmals DIE Hoffnungsträger*innen unter Afrikas Entscheider*innen, so wie Botswanas Außenministerin Unity Dow, Richterin und Menschenrechtsaktivistin.

„Wir wollen Handel, nicht Hilfe!“ war ihre selbstbewusste Ansage gegenüber unserer Delegation, und „dass die Europäer keine Angst haben sollten, dass wir Afrikaner sie auffressen.“

In Angola werden beispielsweise die Ausschüsse für Wirtschaft und internationale Beziehungen von Frauen geleitet. Leider bestand unsere deutsche Delegation demgegenüber gerade mal aus einer Frau (und neun Männern). Immerhin 25 Prozent der Minister*innenposten werden in Angola momentan von Frauen gestellt. Botswana hat ein nationales Gender-Programm beschlossen, das Strategien und Umsetzungspläne für die Themenfelder Armutsbekämpfung, ökonomische Förderung und Kapazitätsbildung, Laufbahnplanung und Leitungsstellen für Frauen umfasst.

Trotzdem: Patriarchismus und Gewalt gegen Frauen sowie gegen Lesben und Schwule bleiben manifeste Probleme in beiden Staaten. Strukturell sind Frauen oftmals weiterhin benachteiligt. Nur 57 Prozent der Frauen in Angola können, gegenüber 83 Prozent der Männer, lesen und schreiben. In Botwana stellt das Strafrecht homosexuelle Handlungen unter Strafe, gleichgeschlechtliche Partnerschaften werden in Botwana gesellschaftlich nicht toleriert. In Angola bewegt sich in der Hinsicht immerhin etwas: Der derzeit im Gesetzgebungsprozess befindliche Entwurf eines neuen angolanischen Strafgesetzbuches sieht keine Strafbarkeit homosexueller Handlungen mehr vor.

Mein Fazit

Botswana und Angola sind Länder in Bewegung, sei es im Hinblick auf Gleichberechtigung oder auf die Energiewende. Dort gibt es unglaubliches Potenzial! Deutschland kann Transformationsprozesse durch technologisches Know-How begleiten und unterstützen – noch viel mehr als bislang. Gleichzeitig sind wir gefragt, auf die Einhaltung der Menschenrechte zu beharren und unsere Partnerschaft daran zu knüpfen, insbesondere was die Strafverfolgung von Homosexuellen angeht.