Reise nach Singapur und eine neue Handelspolitik

Veröffentlicht am 17. November 2022

Am Freitag, den 11.11.2022 reiste ich mit Minister Robert Habeck nach Singapur, einem Insel- und Stadtstaat südlich vor Malaysia. Grund dafür war die 17. Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft.

Die Asien-Pazifik-Konferenz der Deutschen Wirtschaft (APK) ist die führende Konferenz in der Region. Dort kommen Unternehmer*innen und Regierungsvertreterinnen zu einem gemeinsamen Austausch zusammen. Ziel der Konferenz ist es, eine Plattform zur Vertiefung des Dialogs über aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen in Europa und dem asiatisch-pazifischen Raum zu. In diesem Jahr standen zwei Themen besonders im Vordergrund: die Diversifizierung von Lieferketten und die Dekarbonisierung der Volkswirtschaften in Deutschland und Asien.

Die Diversifizierung von Lieferketten wurde in Deutschland besonders aufgrund der aktuellen Diskussion um die wirtschaftliche Souveränität Deutschlands und Europas deutlich. Gerade die Notwendigkeit, die Abhängigkeiten von China zu reduzieren, hatte ich in einer Rede im Bundestag wenige Tage vor der Reise noch einmal betont. Die Asien-Pazifik-Region ist einer der dynamischsten Wachstumsmärkte weltweit. Deshalb bietet Region ein großes Potential bei der Diversifizierung unserer Absatz- und Beschaffungsmärkte.

Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung sind dabei unerlässlich. Diese Überzeugung durfte ich während der Konferenz bei der „Oxford-Style Debate on Sustainability“ verteidigen. Bei diesem Gesprächsformat handelt es sich um eine klassische Debatte im angelsächsischen Stil, bei dem zwei „Teams“ gegeneinander antreten. Ich argumentierte gemeinsam mit Hasminah D. Paudac-Tawano, einer philippinischen Anwältin für Umweltrecht, dass verbindliche und qualitativ hochwertige Nachhaltigkeitsstandards Teil des internationalen Handels sein müssen.

Ein globales Handels- und Investitionssystem ohne Standards verursacht hohe soziale und ökologische Kosten für die Menschen und den Planeten.

Ein Beispiel, das diesen Zusammenhang veranschaulicht ist die Abholzung der Tropenwälder: 90 % der Abholzung der Tropenwälder steht in Zusammenhang mit der Landwirtschaft, die vor allem durch den Handel mit Palmöl, Holz, Rindfleisch und Soja angetrieben wird. Somit ist der rohstoffgetriebene Handel eine wesentliche Ursache für den Verlust der biologischen Vielfalt in den Entwicklungsländern und für die globale Klimakrise.

Axel Schweitzer, CEO von ALBA Asia, und der pakistanische Handelsminister Syed Naveed Qamar argumentierten hingegen, dass Handel und Nachhaltigkeit unabhängig voneinander betrachtet werden sollten. Handelsabkommen und Verordnungen mit Nachhaltigkeitsbestimmungen würden viele Partner der EU zur Übernahme europäischer Standards zwingen. Das geht aber an der Intention der Standards vorbei: Am Ende profitiert kein Land langfristig von Handel ohne Klimaschutz und sozial-ökologischen Standards! Da waren Hasminah D. Paudac-Tawano aus den Philippinen und ich uns sehr einig.

Eine neue, nachhaltige Handelsagenda

Gemeinsam mit unseren Ampelpartnern haben wir als grüne Bundestagsfraktion die Handelspolitik weiterentwickelt und mit dieser Überzeugung vorangebracht. Die wichtigsten Aspekte dieser Handelsagenda sind:

  • CETA, das Handelsabkommen mit Kanada, ratifizierten wir nur nachdem es durch eine verbindliche Zusatzerklärung. Diese grenzt den Rahmen für Investorenklagen auf direkte Enteignung und Inländer-Gleichbehandlung gleichsetzt. Zugleich werden staatliche Maßnahmen hinsichtlich des 1,5° Ziels aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausdrücklich geschützt.
  • Wir haben den Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag (ECT) beschlossen. Damit lösen wir eine riesige Blockade für mehr Klimaschutz. Der ECT war beispielsweise Grundlage für die Klagen gegen den deutschen Atomausstieg und den niederländischen Kohleausstieg.
  • Für zukünftige Handelsabkommen werden Nachhaltigkeitskapitel verbindlich. Für das Handelsabkommen mit vier südamerikanischen Staaten (EU-Mercosur Abkommen) haben wir effiziente Waldschutzabkommen als Voraussetzung für eine deutsche Zustimmung festgehalten. Ein wichtiges Vehikel für den Schutz des Amazonas und damit zentral für den Klimaschutz.
  • In allen künftigen Investitionsschutzabkommen soll das staatliche Regulierungsrecht „right to regulate“ gestärkt werden und Investitionsabkommen sich auf den Schutz vor „direkter Enteignung“ und auf „Inländergleichbehandlung“ konzentrieren.