Raumfahrt galt lange als sehr kostspielige, staatlich hoch subventionierte Branche, mit hohen Zutrittsschranken für neue Akteure. Derzeit sehen wir aber, dass es jungen Unternehmen des „New Space“ zunehmend gelingt, in der Raumfahrtbranche Fuß zu fassen, insbesondere an der Schnittstelle zwischen Raumfahrt und Digitalisierung. Diese Entwicklung bietet ganz neue Möglichkeiten für die zivile Raumfahrt und Weltraumforschung, fordert aber etablierte Strukturen auch heraus.
Was bedeutet das für die Raumfahrtpolitik der Bundesregierung? Bei knapp 1,6 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2019 eine durchaus relevante Frage. In einem internen Fachgespräch der grünen Bundestagsfraktion am 19. Oktober haben wir mit mehreren Vertretern junger Raumfahrtunternehmen sowie dem Leiter des Raumfahrtkontrollzentrums der ESA, Dr. Rolf Densing, eine Bestandaufnahme versucht: Gibt es überhaupt „New Space“ in Deutschland? Was ist darunter zu verstehen und wie stehen wir da im internationalen Vergleich? Welches Selbstverständnis haben junge Raumfahrtunternehmen in Deutschland, welche neuen Perspektiven bringen sie ein, welchen Beitrag sehen sie in ihrem Tun für die zivile Raumfahrt, Weltraumforschung und Gesellschaft und was muss sich aus ihrer Sicht politisch ändern?
Neben Rolf Densing waren die weiteren externen Inputgeber Marcus Apel (Planet Deutschland), Florian Ruess (Space Structures), Tom Segert (Berlin Space Technologies) und Sebastian Straube (Interstellar Ventures). Nach der Skizzierung der aktuellen Entwicklungen in Deutschland ging es dann um konkrete Vorschläge zur besseren Förderung und Integration junger Raumfahrtunternehmen in die Prozesse der zivilen Raumfahrt. Wir möchten uns bei allen Beteiligten auch noch einmal ausdrücklich für ihre hilfreichen Beiträge bedanken!
Grundsätzlich hat die Diversifizierung der Akteure in der Raumfahrt das Potential, die verkrusteten Marktstrukturen in der Raumfahrtbranche heterogener zu machen, mehr Innovationen hervorzubringen, wettbewerbs- und wirtschaftsfördernd zu wirken und möglicherweise zu einem niedrigeren Preisniveau für Raumfahrtprodukte und -dienstleistungen zu führen (mit Wirkung auf den Bundeshaushalt). Bundesregierung und das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum DLR berücksichtigen diese Entwicklungen noch nicht angemessen, wie auch die Kleine Anfrage von Anja Hajduk und mir gezeigt hat.
Das Auftreten neuer Akteure in der Branche bietet die Chance, nicht nur den innovativen Beitrag junger Unternehmen, Startups und KMU stärker zu würdigen, sondern auch etablierte Strukturen in der Raumfahrtindustrie noch einmal grundsätzlicher neu zu denken: Welche Projekte leisten tatsächlich den größten Nutzen für die Gesellschaft? Wie können wir auch mit Hilfe der Raumfahrt und Weltraumforschung besser gegen die Klimakrise ankämpfen? Und welche Lösungen gibt es für das Problem zunehmenden Weltraumschrotts?