Welche ökologischen Auswirkungen haben Digitalisierung und Künstliche Intelligenz? Die Chancen sind groß, dass KI helfen kann, Verkehr oder das Energiesystem smarter zu steuern, präzisere Wettervorhersagen zu treffen und Klimamodelle zu präzisieren oder den Einsatz von Ackergiften in der Landwirtschaft deutlich zu verringern. Von den Chancen spricht die Bundesregierung gerne. Das ist prinzipiell auch gut – auch wenn die Umsetzung von dieser Potenziale noch zu wünschen übrig lässt. Aber was ist mit den Risiken, die sich durch KI hier ergeben?
Was bedeutet KI beispielsweise für den Stromverbrauch von Rechenzentren? Hier ist die Bundesregierung weitgehend blank. Die ökologischen Risiken und Schattenseiten von KI kommen in der Strategie der Bundesregierung nicht vor. Dabei wird die Digitalisierung – und davon bin ich fest überzeugt – nur zum Erfolg, wenn sie zu einer Reduktion der Energie- und Ressourcenverbräuche führen und nicht zu einer Zunahme wie im Moment.
Dass die Bundesregierung beispielsweise keine GreenIT-Strategie vorzuweisen hat, habe ich bereits mehrfach kritisiert. Wie unklar die Datenlage ist, offenbaren jetzt die Antworten der Bundesregierung (19/7566) auf eine Kleine Anfrage, die ich zusammen mit Anna Christmann gestellt habe.
Stromverbrauch könnte sich verzehnfachen
Auch auf Nachfrage kann die Bundesregierung nicht benennen, wie sie mit den steigenden Energieverbräuchen durch Digitalisierung im Allgemeinen und KI-Anwendungen im Besonderen umgehen möchte, während dieses Thema einen Schwerpunkt der französischen KI-Strategie bildet. Auf die Gefahr von Rebound-Effekten durch zunehmenden Stromverbrauch der IT hat erst wieder Cédric Villani im Fachgespräch der grünen Bundestagsfraktion am 29. Januar hingewiesen.
Dabei geht die Bundesregierung nur von einem eher moderaten Anstieg des Stromverbrauchs durch digitale Anwendungen von 14 auf 17 Terawattstunden bis 2030 aus (siehe Fragen 14ff)[1], während die französische Regierung in ihrer Strategie mit einem gewaltigen Anstieg des Stromverbrauch im Digitalsektor bis 2030 rechnet. Der Stromverbrauch digitaler Anwendungen könnte sich weltweit verzehnfachen![2]
Bundesregierung lehnt Stiftung für gemeinwohlorientierte KI ab
Die Bundesregierung bekennt sich zwar zum Ziel, KI zum Wohl der Menschen einzusetzen. Wie das gelingen soll, bleibt aber offen. In ihrer Antwort spricht die Bundesregierung vage von einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung. Dass die Gestaltung von KI eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, ist zwar zweifellos richtig – damit dies gelingt, muss aber die Regierung auch konkret liefern.
Eine Stiftung zur Förderung gemeinwohlorientierter Innovationen nach dem Vorbild der britischen Nesta-Stiftung, die in Fachkreisen als beispielhaft gilt, wenn es darum geht, neue Technologien zum Wohl der Gesellschaft einzusetzen, soll es nicht geben. Eine Alternative, wie KI-Projekte zum Wohle der Menschen gefördert werden könnten, liefert die Bundesregierung aber auch nicht.
Europäische Perspektive weiterhin ausgeblendet
Die Bundesregierung nennt viele Ziele, die sie im Bereich KI verfolgen will. Umso mehr verwundert es, dass die 50 Millionen Euro, die für KI im Haushalt 2019 vorgesehen sind, immer noch nicht für konkrete Vorhaben verplant sind. In die europäische Zusammenarbeit könnte Deutschland sofort investieren – beim Thema deutsch-französische Zusammenarbeit zu KI geht es aber kaum voran (siehe Handelsblatt-Bericht zur schriftlichen Frage von Anna Christmann vom März 2018). Wir müssen in Europa unsere Kräfte bündeln, um unsere Souveränität zu erhalten. Jedes Land für sich hat kaum Chancen im internationalen KI-Wettbewerb. Selbst die Bundesregierung muss das in ihrer Antwort eingestehen.
Weiterführende Links:
- Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dieter Janecek, Dr. Anna Christmann, Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Schwerpunkte und stringente Umsetzung der Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung“ (Drucksache 19/6536)
- Augsburger Allgemeine: Initiative für Künstliche Intelligenz kommt nur langsam voran (Bericht vom 12.02.2019)
- Diskussionspapier: Digitalisierung und Ökologie
[1] Zum Vergleich: bei 17 Terawattstunden lag die Stromproduktion aller Wasserkraftwerke in Deutschland im trockenen Jahr 2018 https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-01/erneuerbare-energien-anteil-strommix-anstieg-sonnenstrahlen-oekostrom
[2] vgl. Villani-Report: For a Meaningful Artificial Intelligence – towards a French and European Strategy, S. 101