Man könnte viel schreiben über den Bau des zweiten S-Bahn-Stammstreckentunnels in München: Dass ein stufenweiser Ausbau von Süd- und Nordring schneller umsetzbar wäre. Dass selbst der schönste neue S-Bahn-Tunnel nur wenig bringt, wenn die Engpässe auf den Aussenäste nicht beseitigt werden, wenn nicht endlich die S4 im Westen viergleisig ausgebaut wird, wenn die S7 im Osten kein zweites Gleis bekommt. Darüber, dass selbst die beste Infrastruktur ohne überzeugendes Betriebskonzept und ohne überzeugenden Fahrplan nicht die gewünschte Wirkung erzielen kann.
Seit zwei Jahrzehnten wird geplant, 2010 wurde der Bau des Tunnels beschlossen, 2017 begannen die Bauarbeiten (siehe Chronik des Projekts). Nun soll er, nach verschieden, ziemlich überraschend angekündigten größeren Umplanungen im Jahr 2028 fertig werden. Unter anderem soll es eine dritte Röhre geben, als Rettungstunnel – die bisher vorgesehenen Rettungsschächte sollen entfallen. Die geplante Station am Ostbahnhof wird vom Orleansplatz zum Werksviertel verlegt.
Welche Auswirkungen haben diese Umplanungen auf die Baukosten? Bei der Bahn hieß es anfangs, die Umplanungen machen das Projekt nicht teurer als geplant. Erst auf intensive Nachfrage räumte die Bahn Mitte Juli Kostensteigerung von 100 bis 200 Millionen Euro ein. Kostensteigerungen, die im Bundesverkehrsministerium Ende Juli aber noch nicht bekannt waren. Das Ministerium geht laut einer Antwort auf meine schriftliche Frage noch Ende Juli davon aus, dass der Bau einer dritten Röhre als Rettungstunnel eine wirtschaftlichere Bauweise ermöglichen würde und dass dies nicht zu Mehrkosten führen wird.
Vermutlich ein Kommunikationsproblem zwischen Bahn und dem Haus von Andreas Scheuer. Aber eines, das kein gutes Licht auf die derzeit größte Baustelle in München und auf eines der größten und teuersten Verkehrsprojekte in Deutschland wirft.