Unseriöse Wahlversprechen zu Unternehmensgründungen

Veröffentlicht am 19. September 2021

In seiner Rolle als Start-up-Beauftragter der Bundesregierung forderte Thomas Jarzombek noch am 11. August im Handelsblatt einen zweiten Zukunftsfonds mit einem „Volumen im Bereich von 100 Milliarden Euro“. Nun stellt sich auf Anfrage bei der Bundesregierung heraus, dass das wohl nur Wahlkampfprosa war. Diese stellte klar, dass die genannte Summe nur ein „Diskussionsbeitrag von Thomas Jarzombek in seiner Funktion als Abgeordneter“ gewesen sei. Geeint und für den Haushalt beschlossen seien lediglich die bestehenden 10 Milliarden aus dem ersten und einzigen Zukunftsfonds.
Dazu kommentiert Dieter Janecek, Sprecher für Industriepolitik und digitale Wirtschaft:
„Dass Deutschland laut Global Entrepreneurship Monitor auf Platz 41 von 43 und damit eines der Schlusslichter bei den Neugründungen ist, sollte uns vor Augen führen, dass wir einen echten Turbo bei der Gründungsförderung brauchen.“
Die Bundesregierung begründet das schlechte Abschneiden Deutschlands zum einen mit der alternden Gesellschaft und zum anderen damit, dass im Vergleich auch Volkswirtschaften einbezogen werden, die sich „strukturell stark von der deutschen unterscheiden“.
Dieter Janecek kritisiert: „In der Antwort auf meine schriftliche Frage verweist die Bundesregierung exemplarisch auf Angola – aber auch im Vergleich mit strukturell ähnlich aufgestellten Volkswirtschaften ist Deutschland bei den Neugründungen laut Global Entrepreneurship Monitor total abgehängt: Neben Italien und Polen steht Deutschland am schlechtesten da.“ Die Zahlen deuten auf ein „relativ niedriges Niveau unternehmerischen Kultur in diesen Volkswirtschaften“ hin (Seite 38, Global Entrepreneurship Monitor).
„Im übrigen scheint der Zukunftsfonds noch nicht ganz so gut zu greifen, wie Thomas Jarzombek es darstellt,“ führt Dieter Janecek weiter aus. Er begründet dies mit der Antwort auf eine weitere schriftliche Frage, wie viele der 10 Milliarden denn bereits abgerufen wurden. Die Bundesregierung schreibt hier: „Im Rahmen des Zukunftsfonds wurden gegenüber Venture Capital-Fonds (VCFonds) bislang 79,8 Millionen Euro zugesagt. Von diesen rund 80 Millionen Euro wurden bereits 30 Millionen beim Zukunftsfonds abgerufen. Parallel zum Zukunftsfonds haben sich an diesen VC-Fonds der European Investment Fund (EIF) und das European Recovery Program-Sondervermögen (ERP-SV) mit insgesamt rund 25 Millionen Euro beteiligt.“ Dieter Janecek kommentiert dies: „Sprich: vom Zukunftsfonds in Höhe von 10 Milliarden Euro wurden gerade einmal 0,8 Prozent zugesagt und 0,3 Prozent abgerufen – während der Abgeordnete Thomas Jarzombek weitere 100 Milliarden Euro vorschlägt.“
Dieter Janecek stellt fest:

Anstatt blumige Wahlversprechen mit unseriös hohen Summen in den Raum zu stellen, brauchen wir Maßnahmen, die sofort und unbürokratisch Wirkung zeigen. Wir schlagen ein Gründerkapital als Einmalbetrag bis maximal 25.000 Euro am Anfang der Gründung vor. Es soll unbürokratisch sein und allen offen stehen. Die Voraussetzung ist eine gute Beratung und eine Wirtschaftlichkeitsprüfung des Geschäftskonzepts durch eine Expertin oder einen Experten. Und: Wir fordern zwei Jahre Befreiung von nicht unbedingt nötigen Melde- und Berichtspflichten.

Über diese Informationen wurde auch im Handelsblatt berichtet: