Die digitale Welt wird bekanntlich von IT-Giganten aus Kalifornien – und zunehmend von solchen aus China – dominiert. Das sieht auch beim Zukunftsgeschäft Cloud-Computing nicht anders aus. Mit dem deutsch-französischen Projekt GAIA-X soll sich das ändern – zumindest ein bisschen. Und das ist auch gut so.
Ist das Projekt auf dem richtigen Weg? Und wie die Projektpartner mit den verschiedenen heiklen Fragen um, die sich bei der Konstruktion von GAIA-X stellen? Insbesondere hinsichtlich der Frage, welche Rolle die US-amerikanischen Hyperscaler wie Google, Amazon Web Services und Microsoft, aber auch chinesische Unternehmen im Rahmen des Projekts spielen sollen?
Diesen und anderen Fragen geht die Kleine Anfrage “Aktueller Umsetzungsstand und offene Fragen zu GAIA-X” (Drucksache Drucksache 19/23508) nach. Am 28. Oktober führte zudem der Digitalausschuss des Deutschen Bundestages eine öffentliche Sachverständigen-Anhörung zum Thema “Datensouveränität im Zusammenhang mit dem Projekt GAIA-X” durch, die auch in der Mediathek des Bundestages abrufbar ist.
Insgesamt gute Dynamik, aber noch viele Baustellen
In den letzten zwölf Monaten hat GAIA-X sicher eine spannende Entwicklung hingelegt, ob das Projekt insgesamt zu einem Erfolg wird, ist aber noch alles andere als sicher. Dass viele zentrale Fragen noch ungeklärt sind, zeigt auch die Antwort der Bundesregierung auf meine Kleine Anfrage. Weiter unklar ist beispielsweise, was die Probleme durch den US Cloud Act und durch die schwierige Rolle der US-Geheimdienste für GAIA-X und die Frage der Mitwirkung US-amerikanischer Unternehmen an dem Projekt bedeuten. Hier kann die Bundesregierung keine Antwort liefern.
Zur Frage einer möglichen Beteiligung chinesischer Akteure schweigt sie komplett. Dabei ist diese Frage alles andere als theoretisch, das umstrittene chinesische Unternehmen Huawei ist inzwischen eines von rund 200 Partnerunternehmen von GAIA-X. Möglicherweise als Trojanisches Pferd, wie die Wirtschaftswoche schreibt?
Auch andere offene Fragen sind nach wie vor ungeklärt. Bereits im Januar hieß es in der Antwort auf die erste Kleine Anfrage (Drucksache 19/16434), dass bzgl. GAIA-X eine Zusammenarbeit mit deutschen und europäischen Datenschutzaufsichtsbehörden “geplant sei”. Stand Oktober ist ein “Austausch … sehr zeitnah geplant“.
Jetzt kommt es darauf an, dass offene Fragen schnellstmöglich geklärt werden. Der Rückstand Europas beim Cloud Computing ist erheblich, ein Scheitern von GAIA-X können wir uns industriepolitisch schlicht und einfach nicht leisten.”
Blick nicht nur auf USA und China lenken
Interessant an GAIA-X ist sicherlich, dass es sich um ein europäisches Projekt handelt, das aber nicht-europäische Akteure offen steht. Wenn es um außer-europäische Akteure geht, stehen immer Unternehmen aus USA und der Volksrepublik China im Fokus. Aber auch in den führenden Technologie-Nationen Japan und Südkorea gibt es ganz offensichtlich Interesse an einer Mitwirkung. Für den Erfolg von GAIA-X könnte das durchaus relevant sein, wenn hier auch über Europa hinaus eine Dynamik entstehen würde. Die Antworten der Bundesregierung geben an dieser Stelle aber leider wenig her.
Industriepolitische Perspektive vertiefen
Aufhorchen lässt die Antwort, dass die Bundesregierung prüfen möchte, ob aus industriepolitischen Gründen europäische Cloud-Anbieter ähnlich gefördert werden sollen wie es derzeit schon bei der Mikroelektronik-Industrie geschieht. Jedenfalls erachtet die Bundesregierung erhebliche Investitionen im Bereich Cloud als notwendig, wenn GAIA-X gelingen soll.
Weiterführende Informationen:
- In der Presse: “GAIA-X – Die Mutter aller Schätze”, in der Wirtschaftswoche vom 19. November 2020
- Kleine Anfrage: “Aktueller Umsetzungsstand und offene Fragen zu GAIA-X” (Drucksache 19/23508) vom 20. Oktober 2020
- Pressemitteilung: Dieter Janecek und Tabea Rößner zur Vorstellung der Details zu GAIA-X vom 4. Juni 2020
- Kleine Anfrage “Umsetzung und Zeitplanung von GAIA-X“ (Drucksache 19/16434) vom 9. Januar 2020